Inhalt:
Die digitale Transformation weiter Gesellschaftsbereiche ist ein globales Phänomen und betrifft auch die Lehrkräftebildung. Auch der Wissenschaftsrat (2022) empfiehlt für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre den Einsatz digitaler Lernumgebungen. Diese ermöglichen z. B. eine höhere Selbststeuerung im Lernprozesses sowie die flächendeckende Bereitstellung individuellen Feedbacks. Auf der Grundlage dieser Vorteile konnte der Einsatz digitaler Lernumgebungen in einigen Bildungskontexten bereits zu empirisch nachweisbaren Kompetenzzuwächsen führen.
Obwohl ausgewählte digitale Lernumgebungen in der Lehrkräftebildung existieren, sind diese eher rar gesät und werden nur selten wissenschaftlich evaluiert. Im Rahmen des Projekts ProdiviS wurden daher drei digitale Lernumgebungen entwickelt und evaluiert, die prinzipiell in allen Phasen der Lehrkräftebildung einsetzbar sind. Sie stehen Akteurinnen und Akteuren der Lehrkräftebildung seit Dezember 2022 kostenfrei nach einer Registrierung zur Verfügung stehen. Der Fokus der Lernumgebungen liegt auf der Förderung der professionellen Unterrichtswahrnehmung von Klassenführung. Damit ist die Fähigkeit gemeint, relevante Ereignisse der Klassenführung im komplexen Unterrichtsgeschehen erkennen und theoriebasiert analysieren zu können. Das Erkennen und Analysieren erfolgt dabei anhand von inkludierten Unterrichtsvideos.
Die drei Lernumgebungen wurden auf der digitalen Tagung am 15.12.2022 in Form von Workshops vorgestellt. Die Dokumentation der Tagung finden Sie unten aufgeführt.
Weitere Informationen zum Zugang zu den auf der Tagung präsentierten digitalen Selbstlernmodulen finden Sie hier.
Dokumentation:
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Begrüßung
Prof. Dr. Manfred Holodynski, Prof. Dr. Nicola Meschede & Dr. Robin Junker (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
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Begrüßung (Textaufzeichnung vor Videoaufzeichnung)
Begrüßung (Videoaufzeichnung) -
Workshops
Workshop A: Fachunabhängige Schlüsselmomente der Klassenführung (Universität zu Köln: Sara Salzmann, Sarah Strauß, Prof. Dr. Johannes König, Prof. Dr. Dr. Kai Kaspar)
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Stichpunkte der Diskussion (Teil 1)
Stichpunkte der Diskussion (Teil 2)Workshop B: Professionelle Wahrnehmung bei Unterrichtsstörungen (Freie Universität Berlin: Maxie Kilbury, Dr. Anja Böhnke, Prof. Dr. Felicitas Thiel)
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Stichpunkte der DiskussionWorkshop C: Mehrperspektivische Wahrnehmung von Klassenführung und Lernunterstützung im naturwissenschaftlichen Sachunterricht (Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Prof. Dr. Nicola Meschede, Prof. Dr. Manfred Holodynski, Dr. Robin Junker, Dr. Verena Zucker, Alena Lehmkuhl, Jennifer Janeczko)
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Stichpunkte der Diskussion (Teil 1)
Stichpunkte der Diskussion (Teil 2)
Detaillierte Workshopbeschreibungen:
Am Standort Köln wurde ein digitales Selbstlernmodul zur Förderung der Professionellen Wahrnehmung der Klassenführung entwickelt, in dem durch fallbasiertes Lernen mit animierten Unterrichtsvideos gelernt werden soll. Im Fokus stehen hierbei 30 animierte Unterrichtsvideos, die Unterrichtssituationen abbilden, in denen drei Schlüsselmomente der Klassenführung – Übergänge, Zielklarheit der Instruktion und Regeln & Routinen – thematisiert werden. Jedes Unterrichtsvideo wird an festlegten relevanten Stellen unterbrochen, um den Lernenden situationsspezifische Fragen zur Wahrnehmung, Interpretation und Entscheidungsfindung sowie dazugehörige Antwortoptionen zu präsentieren, die mittels eines Single-Choice Antwortformates beantwortet werden sollen. Die Lernenden können mit den Unterrichtsvideos in einem Lernbereich üben oder im Testbereich ihre Kompetenzen überprüfen. Im Lernbereich wird den Lernenden nach Beantwortung jeder Frage neben einem kurzen Feedback zur Übereinstimmung mit einem Expert:innenrating und daraus resultierender Punktevergabe, ein ausführliches qualitatives Feedback, das sich auf Einschätzungen und Äußerungen von einschlägigen Expert:innen stützt, gezeigt. Nach Abschluss eines Unterrichtsvideos und Beantwortung aller Fragen wird den Lernenden ein Gesamtpunktwert aufgezeigt. Im Testbereich erhalten die Lernenden nach Beantwortung jeder Frage ausschließlich das kurze Feedback zur Übereinstimmung mit dem Expert:innenrating und die daraus resultierende Punktevergabe, sowie am nach Abschluss eine Information über den erzielten Gesamtpunktestand. Neben Unterrichtsvideos stehen den Lernenden Tutorials und Handouts zu den Schlüsselmomenten zur Verfügung.
Im Rahmen des Workshops sollen den Teilnehmenden neben einem Einblick in die inhaltliche und technische Entwicklung, vor allem die Handhabung und Anwendungsmöglichkeiten des Selbstlernmoduls aufgezeigt werden. Hierzu gehört ein interaktiver praktischer Einblick in das Selbstlernmodul. Zusätzlich sollen die Arbeit mit animierten Videos (vs. andere Medien) und die potenzielle Integration des Selbstlernmoduls in verschiedene Lehrformate thematisiert werden. Hierbei werden auch Ergebnisse aus der Begleitevaluation u.a. mit dem Fokus auf der Untersuchung möglicher Zuwächse zwischen der Kontroll- und Interventionsgruppe in der Lernzufriedenheit, der Intrinsischen Motivation, der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen über Klassenführung und der Einstellungen zum digitalen Lernen vorgestellt und diskutiert.
Gerade für unerfahrene Lehrkräfte stellen Störungen im Unterricht eine große Herausforderung dar. Eine gute professionelle Unterrichtswahrnehmung ist in diesem Zusammenhang für einen funktionalen Umgang mit Unterrichtsstörungen besonders wichtig. Das Identifizieren von kritischen Ereignissen (Noticing) sowie die adäquate und theoriebasierte Interpretation (Reasoning) sind zwei zentrale Aspekte professioneller Wahrnehmung. NovizInnen fällt es, im Gegensatz zu ExpertInnen, schwer, relevante Ereignisse in komplexen Unterrichtssituationen zu erkennen sowie die richtigen Schlüsse auf dahinterliegende Motive zu ziehen. Vor allem Störungssituationen sind hierbei herausfordernd, weil diese einerseits besonders dynamisch und andererseits emotional besonders belastend sind.
Zur Förderung von Noticing– und Reasoning-Kompetenzen von Lehramtsstudierenden wurde eine digitale Lernumgebung entwickelt. In dieser Lernumgebung sollen Fallvignetten und eigens produzierte Staged-Videos bearbeitet werden, die Unterrichtsszenarien mit störungskritischen Ereignissen darstellen, die Bearbeitung wird dabei von implementierten digitale Tools unterstützt. Die Unterrichtsszenarien entstanden auf der Basis von theoretischen Modellen zum Klassenmanagement und zum Umgang mit Unterrichtsstörungen.
Im Workshop haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, die Selbstlernumgebung kennenzulernen. Die entwickelten Textvignetten, Videos und digitalen Tools werden vorgestellt, es wird gemeinsam in der Selbstlernumgebung gearbeitet und die Anwendungsmöglichkeiten diskutiert.
Die digitale Lernumgebung der WWU Münster. Die digitale Lernumgebung der WWU Münster beinhaltet digitale, videobasierte Lernmodule zur Förderung der mehrperspektivischen professionellen Unterrichtswahrnehmung von Klassenführung und Lernunterstützung bei (angehenden) Lehrpersonen. Unter der mehrperspektivischen professionellen Unterrichtswahrnehmung wird die Fähigkeit einer Lehrperson verstanden, im komplexen Unterrichtsgeschehen lernrelevante Ereignisse, in denen die Klassenführung und die Lernunterstützung sich gegenseitig bedingen, zu identifizieren und zu analysieren. Dazu wurden insgesamt drei Lernmodule zur eigenen Professionalisierung entwickelt und evaluiert: (1) zur Lernunterstützung, (2) zur Klassenführung und (3) zu Wechselwirkungen zwischen der Lernunterstützung und der Klassenführung. Die Lernmodule sind auch einzeln einsetzbar und werden ab Dezember 2022 Akteurinnen und Akteuren der Lehrkräftebildung kostenfrei auf dem Videoportal ViU: Early Science (https://www.uni-muenster.de/Koviu/) zur Verfügung stehen. Ihr Potenzial wird insbesondere in der adaptiven Anpassung an individuelle Lernstände gesehen (u.a. Quizze zur Überprüfung des eigenen Wissens, Bereitstellung verschiedener Vertiefungs- und Unterstützungsangebote, individuelle Rückmeldungen zu offenen sowie geschlossen Unterrichtsanalysen).
Inhalte und Aufbau des Workshops. In dem Workshop werden die drei digitalen und videobasierten Lernmodule für ihren Einsatz in der Lehrkräfteaus- und -weiterbildung vorgestellt. Im ersten Teil des Workshops wird dazu ein kurzer Überblick über die Ziele, die inhaltliche Konzeption sowie die evidenzbasierte Entwicklung der Lernmodule gegeben. Im zweiten Teil des Workshops erhalten die Teilnehmenden dann die Möglichkeit, exemplarisch ein Lernmodul auszugsweise zu bearbeiten und zu diskutieren sowie über eigene Einsatzmöglichkeiten zu reflektieren.
Der Workshop richtet sich an Personen aus der inner- und außeruniversitären Lehrkräftebildung, die sich für Lernunterstützung und Klassenführung sowie deren Wechselwirkungen im naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht interessieren (z. B. Lehrpersonen, Lehrende an Universitäten, Fachleitungen, Fort- und Weiterbildende).
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